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Vater gestorben, Mutter weg, was nun?

Sonam ChotsoDas Schulgelände ist riesig. Mehrere Hochhäuser, ein Sportplatz, dazwischen Rasen und Blumenrabatten. Wir sind mit Darje unterwegs, einem der Lehrer der Wohlfahrtsschule von Dechen unterwegs, die im September 2015 hier Räume von der staatlichen Grundschule bekam.

So kommt es, dass wir Sonam Chotso hier treffen. Das Mädchen ist groß für sein Alter. Erst acht Jahre alt und doch wirkt sie so ernst, so erwachsen. Als ihr Vater starb, war sie noch ganz klein. Sie kann sich kaum an ihn erinnern. Ihre Mutter war so verzweifelt und traurig, dass sie beschloss, niemals mehr einem anderen Mann anzugehören, Nonne wurde und in ein Kloster ging. Ihre kleine Tochter gab sie in die Obhut eines Lamas, der Sonam Chotso dann, als sie alt genug war, zu Anyong in die Schule gab.

Anyongs Schule ist bekannt dafür, diejenigen Kinder aufzunehmen, die sonst keine Chance haben. Sie ist bekannt dafür, dass die Kinder in seiner Schule drei Stunden täglich Tibetisch, ihre Muttersprache lesen und schreiben lernen, zusätzlich zu den anderen Fächern.

Die Betreuung der Kinder ist sorgsam, ihrem Alter angepasst. Darje, hier seit ein paar Jahren Lehrer, war selbst Schüler dieser Schule. Auch sein Vater war früh verstorben. Ich bin froh, das Sonam Chotso hier untergekommen ist und lernen darf. Das Mädchen gibt wohl bedachte ernsthafte Antworten auf meine Fragen. Ihr großer Wunsch ist es, einmal nach Lhasa zu reisen.

Das würde sie tun, wenn sie viel Geld hätte. In der Zukunft würde sie gerne Lehrerin sein, für Tibetisch. Denn lernen tut sie gerne und mit Eifer, wie mir ihr Lehrer auch versichert. Noch immer denkt sie an ein Mädchen zurück, das ihre Freundin war, damals, als sie noch klein war und bei der Mutter.

Dass Mütter ihre Kinder hergeben, ist keine Seltenheit in den ländlichen Gebieten dieses Landes. Viele der jungen Frauen, die keine Ausbildung haben, finden sich völlig mittellos und ohne Unterstützung wieder, wenn ihr Partner stirbt. Da gibt es oft nur zwei Alternativen: entweder schnell wieder einen Mann finden oder in einer Klostergemeinschaft unterschlüpfen.

Indem wir Kindern, besonders Mädchen wie Sonam Chotso darin unterstützen, eine gute Ausbildung zu bekommen und in der Zukunft ihren eigenen Weg zu gehen, helfen wir, solche Tragödien in der Zukunft zu vermeiden.

Bildung ist ein sehr hohes Gut – und viele Menschen in den tibetischen Regionen haben es nie bekommen. Danke für Ihre Spenden für Ausbildung in Tibet!