Dass hier sowohl bei der Arbeit als auch insgesamt peinliche Sorgfalt herrscht, sieht man sofort, wenn man den Raum betritt. Die Schuhe sind fein säuberlich am Eingang abgestellt, der Teppich ist absolut sauber und es herrscht eine strenge Ordnung. Auch hier erweist sich Anyong, Gründer der Wohlfahrtschule von Dechen als Vordenker. Ihm liegt vor allem eines am Herzen: die Ausbildung von Kindern, deren Eltern es schwer haben, die ihren Kindern eine Ausbildung kaum ermöglichen können. Und so hat er für talentierte Jugendliche, die nicht so sehr am akademischen Fortschritt interessiert sind, eine Schule für Thangka-Maler gegründet.
Thangkas sind die traditionellen Rollbilder im tibetischen Buddhismus, auf denen verschiedene Gottheiten oder Mandalas dargestellt sind. Die Thangka-Malerei ist eine Kunst, die sehr viel Geduld, Hingabe, Konzentration und vor allem eine ruhige Hand erfordert. Anyong ist es sogar gelungen, für seine Schule einen Thangka-Meister zu finden, der in Lhasa den höchsten Ruf genießt und der Maltradition der Karma Gadri Schule folgt, die wiederum als die beste unter den vertretenen Richtungen gilt.
Zehn Jahre dauert die Ausbildung. Während der ersten drei Jahre machen die Schüler nichts Anderes als Zeichnen. Erst dann dürfen sie an den eigentlichen Thangkas beginnen. Eine Thangka ist nach strengen Richtlinien aufgebaut und nichts wird dem Zufall überlassen. Zur Ausbildung gehört selbstverständlich auch, dass die Lehrlinge lernen, wie man Farben herstellt und mischt. Die Farben entstehen aus den in verschiedenen Steinen enthaltenen Mineralien, die im Mörser zu kleinsten Teilchen zerstoßen werden. Wir sind fasziniert von der Ruhe und Geduld, mit der die sieben Jungs (einer ist krank bei seiner Familie) bei der Arbeit sind.
Eng nebeneinander sitzen sie und zeichnen. Der eine zeichnet nur Münder, der andere Ohren, ein Dritter Hände und so weiter. Morgens um sechs Uhr beginnt ihr Tagewerk und sie sitzen hier den ganzen Tag. Beim Kochen wechseln sie sich ab, eine kleine Kochstelle und einen Kühlschrank sehen wir im Nebenraum stehen, wo auch die Matratzen und Bettdecken aufeinandergestapelt liegen. Denn die beiden Räume sind gleichzeitig auch das Schlafzimmer der Jungs. Der Meister ist nicht immer hier, dafür sein Meisterschüler, der die Jungs betreut und ihnen bei ihren Aufgaben hilft.
Gute Thangka-Maler sind gesuchte Leute sind und wir freuen uns, dass die jungen Männer eine gute Perspektive für die Zukunft haben. Sie arbeiten bei der Restaurierung von alten Klostermalereien, wirken bei neuen Gedenkstätten und Klöstern mit oder stellen Bilder für den Verkauf an Privatleute her. Doch noch sind wir nicht soweit. Vor drei Jahren erst haben die Jungs begonnen und sie haben noch einen weiten Weg vor sich. Diese Schule ist ein Beispiel dafür, wie man mit relativ wenig finanziellem Einsatz viel erreichen kann. Dann, wenn sich Einer für Andere einsetzt. Deshalb unterstützen wir die Thangka-Malschule von Anyong.
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